«Politische Rechte gelten auch in der Mutterschaftszeit!»

Das Bundesgericht hat ein enttäuschendes Urteil gefällt: Parlamentarierinnen im Mutterschaftsurlaub ist es de facto untersagt, ihre demokratischen Rechte wahrzunehmen. Nehmen sie an einer Ratssitzung teil, gilt der Mutterschaftsurlaub als beendet und sie verlieren ihr Erwerbseinkommen. Für alliance F ist dieses Urteil staatspolitisch höchst problematisch und gleichstellungspolitisch stossend. Es ist unhaltbar, wenn Parlamentarierinnen in einer Demokratie gezwungen werden, sich zwischen ihren politischen Rechten und ihrem Einkommen zu entscheiden – einfach, weil sie Mütter geworden sind.

Update vom Oktober 2022: Unser hartnäckiger Appell hat sich gelohnt, die Rechtskommission des Ständerates gedenkt das Gesetz- zu ändern, so dass Politikerinnen nach der Geburt künftig keine politische Zwangspause mehr einlegen müssen. Das wurde auch Zeit. In einer Vernehmlassung kann man dazu bis am 25. November die Meinung sagen. Wer die Position von alliance F stützen will, hier gehts zu Vorlage unserer Vernehmlassungsantwort.

Unabhängig von der Breitschaft der ständerätlichen Rechtskommission die Diskriminierung der politisierenden Mütter zu beenden, zieht alliance F den rückständige Bundesgerichtsurteil vom März weiter an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg. Warum tun wir das, obwohl die demokratische Zwangspause für Politikerinnen beendet werden soll?

Zum einen ist es nicht sichergestellt, dass National- und Ständerat dem Vorschlag zustimmen werden. Wir stünden also plötzlich mit leeren Händen da.

Viel wichtiger ist uns aber die sexistische Argumentation des Bundesgerichts im Urteil: Bei Frauen soll eine Pausierung des Mutterschaftsurlaubs nicht möglich sein, weil sie «sich in den ersten Monaten (am Stück) intensiv um ihr Neugeborenes kümmern» sollen. Im Umkehrschluss heisst das, dass das Bundesgericht findet, nur Mütter können sich in den ersten Monaten um ihr Kind kümmern. Dem Vater oder einer andern Person trauen die Richterinnen und Richter in Luzern nicht zu, das Kind selbst für eine begrenzte Zeit zu betreuen. Damit begründet das Bundesgericht seinen Entscheid mit veralteten Rollenmustern und betreibt sogenanntes «gender-stereotyping», ein Verstoss gegen die europäische Menschenrechtskonvention den wir so nicht stehen lassen wollen.

Der Gang vor Bundesgericht und an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kostet Geld. Hilf uns in dieser wichtigen Sache, diese zu finanzieren.